Summary.
Polare sind enge Doppelsternsysteme, bestehend aus einem massearmen Hauptreihenstern als Sekundärkomponente, sowie einem Weißen Zwerg mit einer polaren Feldstärke > 10^7 G. Über den inneren Lagrangepunkt fließt Materie von der Sekundärkomponente auf den Weißen Zwerg über, wobei dessen Magnetfeld die Ausbildung einer Akkretionsscheibe unterbindet und den einfallenden Plasmastrom entlang der Feldlinien auf die Oberfläche des Weißen Zwerges akkretiert.Das System RX J1940.1-1025 gehört zur einer nur drei gesicherte Mitglieder umfassenden Untergruppe von Polaren (mit V1500 Cyg und BY Cam), welche geringfügige Asynchronizitäten (< 2%) zwischen den Spin- und Bahnperioden der Weißen Zwerge aufweisen. Die Synchronisation ist vermutlich nur vorübergehend aufgebrochen, alle Systeme weisen Änderungen der Spinperioden P_spin der Weißen Zwerge auf, welche auf Zeitskalen von 100 - 1000 Jahren zu einer Synchronisation mit den Bahnperioden führen. Während bei BY Cam und V1500 Cyg die Spinperioden der Weißen Zwerge kürzer als die Bahnperioden sind, liegt bei RX J1940.1-1025 der Fall P_spin > P_orb vor.
Da sich die relative Orientierung zwischen dem einfallenden Akkretionsstrom und dem magnetischen Feld des Weißen Zwerges bei den Nahezu-Synchronen Polaren als Funktion der Phase der Schwebungsperiode (zwischen der Spin- und Bahnperiode) zyklisch ändert, wurde zur Beschreibung des Akkretionsvorgangs bei dieser Systemklasse ein Dipol-Akkretionsmodell entwickelt. Bei diesem wird die in der Bahnebene einfallende Materie im Verlauf der Schwebungsperiode fortschreitend von verschiedenen Magnetfeldlinien in einem zentrierten Dipolfeld des Weißen Zwerges erfasst und entlang der Feldlinien auf die Oberfläche akkretiert. Dabei wurde eine Korrektur des Ankopplungsradius durch die variierende Magnetfeldstärke des relativ zur Bahnebene geneigten Dipolfeldes mit einbezogen. Die periodische Variation der Akkretionsgeometrie erlaubt Einblicke in die Wechselwirkung zwischen dem einfallenden Plasmastrom und dem Magnetfeld des Weißen Zwerges, wie sie bei synchronen Systemen in dieser Form nicht gewonnen werden können.
Für diese Arbeit konnte umfangreiches neues Datenmaterial erhalten werden (25 Nächte CCD-Photometrie 1996-97, 3 x 25ks Röntgenbeobachtungen mit dem Satelliten RXTE, 2 x 26ks ROSAT-Röntgendaten, zirkulare Spektropolarimetrie am 3.9m-AAT-Teleskop des Anglo Australian Observatory 1996), darüber hinaus wurden bereits bestehende Datensätze in die Auswertung mit einbezogen (CCD-Photometrie 1994-95, 140ks ROSAT-Daten). Die Auswertung des vorliegenden Datenmaterials erbrachte folgende Resultate:
- Die zeitliche Stabilität der Röntgendips beim System RX J1940.1-1025 in den ROSAT- und RXTE-Daten gegen die aus ihnen bestimmte mittlere Ephemeride, die kurzen Ein- und Austrittszeiten der Röntgenemission und die nicht energieabhängige (graue) Absorption während der Dip-Ereignisse zeigen erstmalig, daß diese durch eine Bedeckung der Emissionsregion durch die Sekundärkomponente verursacht werden und nicht durch den Akkretionsstrom. Das Datenmaterial ermöglicht auch Aussagen über die Systeminklination.
- Die langen Ein- und Austrittszeiten der optischen Dips in der CCD-Photometrie deuten auf eine ausgedehnte (größer als der Weiße Zwerg) optische Emissionsquelle hin, welche neben der Zyklotron-Emission aus der Post-Schock-Region auch Emission in Form von reprozessierter Strahlung aus dem Akkretionsstrom umfasst.
- Erstmals konnten Variationen der Minimazeitpunkte, sowie der Ein- und Austrittszeitpunkte der optischen Dips gegen die mittlere Ephemeride als Funktion der Spin- bzw. Schwebungsperiode nachgewiesen werden, verursacht durch die variable Akkretionsgeometrie.
- Die Analyse der Minimazeitpunkte der Absorptionströge im optischen und im Röntgenbereich erlaubt erstmals den zweifelsfreien Nachweis einer Änderung der Spinperiode des Weißen Zwerges im System RX J1940.1-1025, welche zu einer Angleichung an die Bahnperiode mit einer Synchronisationszeitskala von etwa 100 Jahren führt. Damit besitzt RX J1940.1-1025 den kleinsten Wert für die Synchronisationszeitskala im Vergleich zu den Systemen V1500 Cyg mit 170 Jahren und BY Cam mit 1600 Jahren. Eine theoretische Abschätzung zeigt, daß diese bei RX J1940.1-1025 durch die magnetische Wechselwirkung zwischen der Primär- und Sekundärkomponente im System erklärt werden kann.
- Die Anwendung des Dipol-Akkretionsmodells auf die Minimazeitpunkte der Absorptionströge erlaubt Aussagen über die Akkretionsgeometrie des Systems RX J1940.1-1025, beispielsweise über den Ankopplungsradius, bei dem die einfallende Materie vom Magnetfeld des Weißen Zwerges erfasst wird.
Dissertation (13,06 Mb PDF file including figures)
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Last modified 08 Aug 2011 |